Blicken ist die Tätigkeit der Augenbewegungen beim natürlichen Sehprozess. Da wir nur in der Mitte der Netzhaut über gute Sehschärfe verfügen, sind viele Blickbewegungen (Sakkaden) notwendig, für deren Steuerung mehrere Steuersysteme im Gehirn erfoderlich sind.
Ein Trick, die unbewussten Sakkaden sichtbar zu machen, gelingt mit der Hermann-Gitter-Täuschung:
Die Kreuzungspunkte erscheinen kurz schwarz. Wenn man sich von einer Stelle überzeugen will, dann fixiert man diese. Schafft man es, keine Augenbewegung zu machen, dann sieht man die Wirklichkeit: es sind alle Punkte weiß. Sie wirken nur schwarz bei raschen Augenbewegungen. Bei der Gelegenheit merkt man wie schwierig und ungewohnt es einem vorkommt, ohne Augenbewegungen zu sehen.
Beim Lesen muss man zwischen zwei Sakkaden den Blick ruhig halten, sonst treten unerwünschte Sakkaden auf, man sieht dann nicht oder fehlerhaft, Buchstaben oder Wortteile gehen verloren, werden verwechselt, man rutscht aus der Zeile.
Fazit: Der Sehprozess besteht aus einem ständigen optomotorischen Zyklus, aus dem Wechsel von Fixationszeiten und Blicksprüngen (Reflex), die in Stop-Go-Funktion an das Gehirn Bilder liefert. Beim Lesen müssen kognitive Prozesse eingreifen, damit der ständige Wechsel nicht immer eigenständig, sondern kontrolliert abläuft.
Auch hier analog zum Hören, muss man damit rechnen, dass Kinder noch Jahre nach Schulbeginn das dynamische Sehen nicht bis zum Niveau Erwachsener entwickeln.
Analog zum Hören wurden Tests der Unterfunktionen entwickelt und altersabhängige Normwerte sowie Streuung ermittelt. Eine Blicksteuerungsprüfung ist aber erst ab 7 Jahre möglich, da darunter keine Normwert ermittelbar sind. Es gibt zwei verschiedene Testaufgaben, bei denen die Augenbewegungen aufgezeichnet werden und Ergebnisse zu den Unterfunktionen liefern:
- Fixation, hält den Blick bis die Silbe im Gehirn gespeichert ist
- reflexartig dem Lichtpunkt/ Reiz folgen, Überprüfung Sprungfunktion, notwendig für flüssiges Weiterspringen zur nächsten Silbe
- willentlich nicht dem Lichtpunkt/ Reiz folgen, sondern in die entgegengesetzte Richtung blicken, lässt die vorgenannten Funktionen kontrollieren (Antisakkade)
Bei Störungen der binokularen Koordination (paralleler Ablauf der Augenbewegungen), können bewegte Netzhautbilder sogar doppelt gesehen werden, diese können aber wiederum ausgeblendet werden, d.h. ein Bild wird unterdrückt. Dicht beieinander liegende Doppelbilder werden ggf. als Unschärfe wahrgenommen. Der Augenarzt wird aber keine optischen Fehler an den Augen feststellen. Grundsätzliche Augendominanzen (vgl. rechtshändig) bestehen nachweisbar nicht, nur im Einzelfall tritt eine Augendominanz auf, dies ist gut zu wissen für ein Blicktraining.
Ist die Kraft der Fixation nicht ausreichend, um reflexhafte Sakkaden zu unterdrücken, bedeutet es nicht, dass sich die Augen irgendwie bewegen. Sondern plötzliche Lichtreize führen zu Sakkaden mit zu kurzer Reaktionszeit, d.h. man behält nicht lange genug im Auge, was gerade wichtig ist.
In allen Tests Dynamisches Sehen/ Blicksteuerung sind ähnliche Ergebnisse bei Dyskalkulie vergleichbar mit denen bei Legasthenie. Es liegen aber noch zu geringe Datensätze vor, um genug Aussagekraft zu haben. Auch ist noch nicht klar, was dies im Einzelnen für Rechenschwäche bedeutet.
Zitierte Literatur:
Fischer Dr., Burkhart, Blickpunkte, Huber
Fischer Dr., Burkhart, Hören-Sehen-Blicken-Zählen, Teilleistungen und ihre Störungen, Huber
Fischer Dr., Burkhart, Wahrnehmungs- und Blickfunktionen bei Lernproblemen, Centaurus
Fischer Dr., Burkhart, Legasthenie, Centaurus
siehe auch Menüpunkt
"Links", wissenschaftlich, Freiburger BlickLabor, Prof. Dr. B. Fischer