"Die andersartige Begabungsstruktur legasthener Menschen ist eine für das Überleben der Menschheit wichtige Normvariante. Legasthenie ist wie die Linkshändigkeit keine Anomalität, sondern ein Zeichen für besondere Begabungen im nichtsprachlichen Bereich. Die rechte Gehirnhälfte scheint von den Entwicklungshemmungen der linken Gehirnhälfte zu profitieren. Mathematisch-technische und musische Begabungen sind oft mit Legasthenie verbunden." Prof. Dr. Albert Galaburda, amerik. Neurologe
Um Probleme beim Erwerb von Schriftsprache zu verstehen und warum diese nicht "unnormal" sind, ist es sinnvoll einen Blick auf unsere Evolution zu werfen.
- vor etwa 2.000.000 Jahren Beginn unserer Evolution
- vor etwa 1.000.000 Jahren Entstehung des heutigen Menschen
- vor etwa 100.000 Jahren Entwicklung der menschlichen Sprache
- vor etwa 5.000 Jahren Entwicklung von Schriftsprache
- vor etwa 250 Jahren Einführung der Schulpflicht, d.h. Schreib- und Lesepflicht
Das bedeutet, dass Schriftsprache eine absolute Spätentwicklung in der Menschheitsgeschichte ist.
Seit den 90er Jahren ist es mittels MRT möglich anzuzeigen, wo unser durch die Evolution entwickeltes Sprachzentrum liegt. Die Bereiche in denen Schreiben und Lesen bevorzugt verarbeitet werden, bei Legasthenikern auffallend in anderen Regionen, können ebenfalls sichtbar gemacht werden, allerdings haben wir kein konkretes Schriftsprachzentrum. Es konnte sich nie aus genetischen Mutationen entwickelt haben, da es keinen biologischen Grund fürs Überleben des homo sapiens gibt. Es war kein Auswahlkriterium im Sinne Charles Darwin wie bei den angepassten Fähigkeiten, um genügend Essen, Trinken, Schutz vor Kälte etc. zu haben. Außerdem gibt es hunderttausende Analphabeten, die aber durch Hören und Sehen überleben.
Betrachtet man das Ganze aus der Sicht der Natur: Die Natur experimentiert, denn es geht ihr nicht um das Überleben einzelner Individuuen, sondern um die Erhaltung der Art. Es ist mehr Akzeptanz notwendig, um Abweichungen von der Norm als Launen bzw. Experimente der Natur mit der "Art Mensch" zu betrachten. D.h. es ist "normal", manches - was die Norm durchaus ohne Probleme kann – nicht zu können. Ggf. besitzen Betroffene dafür aber andere besondere Fähigkeiten.